Ob Handkreissäge, Aktivlautsprecher, Lastenvelo oder Discokugel – im Leihlager gibt es für jeden das passende Produkt zum Ausleihen. Was hinter dem Konzept steckt und wie es zur Gründung kam, erzählen Noël Michel und Sabeth Weibel im Interview.
Seit September 2023 seid ihr auf dem Franck Areal. Wie habt ihr euch eingelebt?
Sabeth Weibel (SW): Ziemlich gut. Im Vergleich zu unserer alten Bleibe in der Feldbergstrasse haben wir hier auf 200 m2 deutlich mehr Platz. Zudem ist jetzt alles im Erdgeschoss, was uns jede Menge Schlepperei erspart. Was mich aber besonders freut, ist der barrierefreie Zugang für Rollstuhlfahrer:innen.
Noël Michel (NM): Anfangs hatten wir die Befürchtung, dass der Umzug an einen etwas abgelegenen Standort zu einem massiven Rückgang der Besuchendenzahlen führen könnte. Glücklicherweise hat sich diese Sorge nicht bewahrheitet. Es gibt sogar Kund:innen, die sich darüber freuen, dass wir jetzt an der Horburgstrasse sind. Das liegt wohl aber eher daran, dass sie in der Nähe wohnen (lacht).
Was genau bietet ihr an?
SW: Wir bieten alles zur Ausleihe an: von der überdimensional grossen Discokugel über die Bohrmaschine bis hin zum Teppichreiniger und Lastenvelo.
Und wie funktioniert das Ausleihen konkret?
NM: Das Leihlager ist eine «Bibliothek der Dinge», in der man über 700 Gegenstände, die nicht täglich benötigt werden, zu sehr günstigen Konditionen ausleihen kann. Dahinter steht die Idee, Sachen gemeinschaftlich zu nutzen, anstatt sie individuell zu kaufen. Das heisst: Wir ermutigen die Menschen zu einem bewussteren Konsumverhalten. Wir haben jedoch nicht den Anspruch, mit erhobenem Zeigefinger zu missionieren. Viel wichtiger ist es uns, mit einem sympathischen und nahbaren Auftritt so viele Menschen wie möglich zu erreichen.
Wie gelangt das Ausleihgut zu euch?
SW: Das ist sehr unterschiedlich. Einerseits erhalten wir Spenden von Privatpersonen, andererseits gehen wir Kooperationen mit Firmen ein. Darüber hinaus erhalten wir Stiftungsgelder, mit denen wir gewisse Objekte selbst kaufen. Dabei ist es uns besonders wichtig, dass es sich stets um qualitativ hochwertige Gegenstände handelt. Wir akzeptieren keine kurzlebigen Billigwaren.
Wie viele Personen arbeiten bei euch?
SW: Im Kernteam sind wir fünf Personen, die sich 120 Stellenprozente teilen und zusätzlich viel ehrenamtliche Arbeit leisten. Einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg des Leihlagers leistet zudem das Freiwilligenteam von etwa 25 Personen.
NM: Da wir gewisse Funktionen entlohnen können, ist es uns möglich, das Projekt kontinuierlich weiterzuentwickeln. Nur so können neue Ideen wie die PickUp-Station im kHaus, ein zusätzlicher Ort, an dem Objekte abgeholt und zurückgegeben werden können, erfolgreich umgesetzt werden.
Lasst uns einen Blick zurück in die Anfangszeit werfen: Wie hat alles begonnen?
NM: Das Konzept der «Bibliothek der Dinge» ist weltweit verbreitet. Ich bin während meines Studiums darauf gestossen und hatte den Wunsch, es gemeinsam mit zwei Freund:innen in Basel zu etablieren. Es gab aber Startschwierigkeiten und dauerte etwa zwei Jahre, bis das Projekt ins Rollen kam. Die Eröffnung der Leihbar in Bern vor etwa fünf Jahren hat unserer Idee entscheidenden Schwung verliehen, sodass wir 2020 das Leihlager endlich eröffnen konnten.